NEU INSZENIERT IN HISTORISCHEN MAUERN
Die Zellentüren gerade einmal 1,70 Meter hoch und sehr schmal. Keine richtigen Fenster, lediglich ein 20cm Lichtschlitz in zwei Metern Höhe, davor intransparente Platikscheiben, in welche die Insassen mit Zigaretten Löcher brannten, der Versuch, ein kleines Stück himmel zu erspähen. Zehn dunkle Quadratmeter, zwei Personen, Stockbetten aus Eisen, die Toilette im Wandschrank versteckt. Dicke Eisentüren und Vorhängeschlösser, eine Durchreiche für die Wärter. Eng, dunkel, bedrohlich! Kann man daraus wirklich etwas schaffen, das den Namen "LIBERTY" verdient und in dem sich Gäste eines Designhotels wohlfühlen - eine Wohlfühlatmosphäre? Man kann – wenn man eine Vision hat und den Respekt vor der Geschichte!
19. Jahrhundert
Planung und Bau des Gefängnisses
Der Bau des Gefängnisses an der Grabenallee ist einer Justizreform zu verdanken, die Großherzog Leopold von Baden (1790-1852) in die Wege leitete. Bisher waren die Gefangenen unter katastrophalen Bedingungen meist in den Stadttürmen untergebracht in überbelegten, viel zu kleinen Zellen, wo sie untätig vor sich hinvegetierten.
Der Großherzog beauftragte seinen Hofbaumeister Heinrich Hübsch (1795-1863), Gefängnisse nach amerikanischem Vorbild zu planen, um die Häftlinge menschenwürdig unterzubringen. Man orientierte sich am Eastern State Penitentiary in Philadelphia. So entstanden in Baden die Central-Kreis und Amtsgefängnisse.
Der Standort des Offenburger Amtsgefängnisses, auch „Villa Hübsch“ genannt, in unmittelbarer Nachbarschaft des Grimmelshausen Gymnasiums (damals Großherzogliches Gymnasium) war von Anfang an umstritten. Die Lehrer wehrten sich erbittert gegen den Bau. Sie sahen darin eine Gefahr für die Sittlichkeit der ihnen anvertrauten Jugend: „Verkennt nicht die gotteslästerlichen Flüche, Zoten, zweideutigen und offenbar zur tierischen Wollust verführenden Gesänge, Lieder und Ausrufungen. Das Herz des Menschenfreundes, des Erziehers wende sich davon ab… Wir Lehrer und Erzieher wären aber genötigt, zu jeder Jahreszeit, selbst in den heißesten Sommermonaten die Fenster hermetisch abgeschlossen zu halten.“
Die Lehrerschaft hatte mit ihren Protesten Erfolg und so wurde das neue Gefängnis für ca. 40 Häftlinge jenseits des Mauergrabens gebaut. Das Vorderhaus entstand zwischen 1843 und 1845, das Hinterhaus zwischen 1847 und 1849. Offenburg zählte zu den Amtsgefängnissen, in denen vor allem Untersuchungshäftlinge, Kleinkriminelle mit geringen Haftstrafen und "Schüblinge" auf ihrem Weg in andere Gefängnisse untergebracht wurden.
Gefängnisalltag
Das Gebäude, die Zellen und deren Ausstattung entsprachen einem Musterplan, der für alle Gefängnisse in Baden gelten sollte. Auch die Kleidung der Häftlinge, der Tagesablauf und der Speiseplan waren vorgegeben. Sie wurden erstmals sinnvoll beschäftigt mit Arbeiten im Außenbereich oder in ihren Zellen. Man klebte z.B. die berühmten Tüten, entrippte Tabak und fertigte Strohflechtarbeiten an.
Das Essen für die Gefangenen wurde von der Frau des Oberaufsehers gekocht, der mit seiner Familie in einer Wohnung im Vorderhaus wohnte. Deshalb gehörte ein Hausgarten zur Ausstattung eines Amtsgefängnisses. Die Haltung von Haustieren war dagegen nicht erlaubt: „Das Halten von Vieh, Tauben, Hühner, Gänse, Ziegen, Schweine durch die Aufsichtsbeamten ist regelmäßig als unvereinbar mit der Sauberkeit und zur Vermeidung von Verdächtigungen (Sodomie) verboten.“ Schweine durften nur außerhalb der Hofmauern oder in einem abgeschlossenen Nebenhof gehalten werden.
Die Inhaftierten
Nachdem die badische Revolution 1848/1849 scheiterte, waren es die Offenburger Revolutionäre, die auf der sogenannten „Rebellen- und Gaunerliste“ standen, die nun im neuen Gefängnis inhaftiert wurden und auf ihre Prozesse warteten. Laut Rapportzettel des Gefängniswärters Uhl waren 1849 die Hälfte der Gefangenen politische Häftlinge.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden vermehrt politische Straftäter festgesetzt. Es waren Sozialdemokraten, die gegen die Sozialistengesetze Bismarcks verstoßen hatten oder auch Geistliche, die sich im Kulturkampf gegen die Trennung von Kirche und Staat aussprachen. Viele dieser Inhaftierten waren renommierte Offenburger Bürger, denen man Respekt entgegenbrachte, auch von Seiten des Gefängnispersonals. Daher gab es eine bequemere Zelle im Erdgeschoß, das „Bürgerzimmer“ genannt, wo angesehene Persönlichkeiten untergebracht wurden. Dort saß auch Alexander Reiff, der Herausgeber des „Ortenauer Boten“. Er war 1872 der „Vernachlässigung der Preßfürsorge“ für schuldig befunden worden und zog die spektakuläre Gefängnisstrafe einer Geldbuße vor.
Mehrfach inhaftiert war Adolf Geck (1854-1942), Sohn des Zähringer Hofwirts, u.a. wegen Verbreitung von verbotenen sozialdemokratischen Schriften. Er war später SPD Abgeordneter des Badischen Landtags und des Reichstags in Berlin. Geck betrieb eine Druckerei und gab die Zeitschrift „Der Volksfreund“ und später „D’r alt Offeburger“ heraus. Ihm wurde das Bürgerzimmer verweigert. Er schreibt: “Man gab diesem Offenburger Radikalen nicht den stillen Sitz im Bürgerzimmer. Das sollte den Blättleschreiber nicht kränken müssen…. Der Junggeselle im letzten Semester bezog ein Käfig im obersten Stockwerk des Gefängnisses mit der erquickendsten Fernsicht in die Landschaft.“ Der Arbeitergesangverein brachte dafür Geck von der Grabenallee aus ein Ständchen dar.
20. Jahrhundert
Die erste Modernisierung
1929 modernisierte man das Gefängnis, versah es mit Elektrizität und baute Zentralheizung, Duschen, Waschbecken mit fließendem Wasser, eine Bibliothek zur Erbauung und Bildung der Gefangenen und ein WC in jeder Zelle ein. Zuvor waren die Zellen mit vergitterten Öfen beheizt worden, die von den „Schänzern“ (Häftlinge, die im Hausdienst eingesetzt waren) vom Flur aus befeuert wurden. Anstatt der Wasserklosetts benutzte man Nachttöpfe, an die sich Adolf Geck bei der Besichtigung der modernisierten Anstalt gut erinnert: „Einst trugen die Zellenbesitzer, wenn sie am Morgen die Zellen reinigten, die blechernen Töpfe zum Entsorgungsort unter der Aufsicht eines Wärters.“
Es ging eher harmlos zu im Offenburger Gefängnis. Nur drei Hinrichtungen wurden dort im Laufe der Jahre vollstreckt, die letzte 1932. Dazu wurde die zerlegte Guillotine per Bahn von Bruchsal nach Offenburg transportiert und im Gefängnishof aufgebaut.
Die Zeit des Nationalsozialismus
Dann folgte die dunkle Zeit des Nationalsozialismus. Nach Hitlers Machtergreifung 1933 wurden immer mehr Regimekritiker aus allen Gruppen der Bevölkerung in Schutzhaft genommen.
Am 10.11.1938 wurden alle männlichen Juden in Offenburg verhaftet und ins Gefängnis gebracht. Weil ihre Deportation nach Dachau am selben Tag bevorstand, brachte man sie im Hof und in den Gängen unter. Ein Jude musste aus Hitlers „Mein Kampf“ vorlesen. Am Abend trieb man die 70 Inhaftierten zum Bahnhof. Der demütigende Marsch dauerte über eine Stunde. Nach einigen Wochen kehrten die Offenburger Juden zurück, aber nicht alle Männer hatten diese Einschüchterungsaktion der Nazis überlebt.
Im Herbst 1943 wurden vier französische Widerstandskämpferinnen für ein Jahr ins Offenburger Gefängnis gebracht. Im November 1944, in der „Schwarzwälder Blutwoche“, in der alle inhaftierten Widerstandskämpfer/innen der Region hingerichtet wurden, erschoss man die Frauen auf Befehl von SS-Obersturmführer Gehrum im Wald zwischen Bohlsbach und Durbach.
Dasselbe Schicksal erlitten elf junge Elsässer, die sich versteckt hatten, um der Zwangsrekrutierung zu entgehen. Sie wurden im Oktober 1944 von der Gestapo verhaftet, ins Gefängnis gebracht und im Dezember ebenfalls im Wald ermordet.
Weitere Renovierungsmaßnahmen Mitte des 20. Jahrhunderts
1971 war eine weitere Renovierung des alten Gefängnisses dringend erforderlich. Die Häftlinge hatten sich vor allem über die schadhafte, alte Dampfheizung beschwert. Sie wurde durch eine Ölheizung ersetzt. Außerdem entstand durch Nutzungsverlagerungen ein neuer, großer Arbeitsraum in Haus II. Damit wurde die Zellenarbeit endgültig beendet.
Die Sicht nach außen und damit die Kontaktaufnahme mit der Umwelt oder die Belästigung von Passanten wurde durch das Anbringen von Sichtblenden außen an den Fenstern unterbunden. Damals war bereits klar, dass es sich um eine begrenzte Renovierung auf Zeit handelte und ein Neubau an anderer Stelle auf Dauer notwendig sein würde. Die Finanzlage des Landes ließ dies aber zu diesem Zeitpunkt nicht zu.
Das Gefängnis und seine "Berühmtheiten"
1972 wurde das Gefängnis in Offenburg zur selbstständigen Justizvollzugsanstalt (JVA), unabhängig vom Amtsgericht. Es wurden dort bis zur Schließung Abschiebehaft, Zivilhaft und vor allem Untersuchungshaft vollstreckt. Bekannte Untersuchungsgefangene waren Dieter Kaufmann, der im Oktober 1990 das Attentat auf Wolfgang Schäuble verübt hatte und die Brüder Schmider, Gründer der Firma Flow Tex, die später wegen Betrugs zu Haftstrafen verurteilt wurden. Von ihnen wird berichtet, dass sie sich ihr Essen von einem Offenburger Gasthaus liefern ließen, was für gut betuchte Untersuchungsgefangene offensichtlich möglich war.
Für die übrigen Häftlinge kochte inzwischen nicht mehr die Gattin des Anstaltsleiters. Sie wurden aus der Küche im Vorderhaus (Haus I) versorgt, wobei man religiöse Ansprüche oder vegetarische Neigungen durchaus berücksichtigte.
Zuletzt bot das Gefängnis an der Grabenallee offiziell Platz für 52 Häftlinge. Es war aber überbelegt und die alten Gebäude konnten den Anforderungen des modernen Strafvollzugs natürlich nicht mehr genügen. Die Zellen und der Außenbereich waren zu klein, die Arbeitsräume unzureichend und es gab keine geeigneten Sozial- oder Aufenthaltsräume. Man war gezwungen, dazu die Flure zu nutzen. Ein Neubau war dringend erforderlich.
21. Jahrhundert
Neubau und Schließung
Wieder entbrannte eine lange und hitzige Diskussion über den Standort des neuen Gefängnisses. Schließlich einigte man sich darauf, es im Westen Offenburgs, im interkommunalen Gewerbegebiet zu errichten. Im April 2009 wurde die neue JVA mit 440 Plätzen für Straf- und Untersuchungshaft eröffnet und das ehrwürdige, geschichtsträchtiges Gefängnis an der Grabenallee schloss seine Tore.
Die Umnutzung der alten JVA begann mit der Idee, ein Hotel daraus zu machen. Nach zwei Jahren Planungszeit wurden die Pläne des ursprünglichen Architekten verworfen. Dieser hatte einen Mittelbau mit Zimmern zwischen die beiden historischen Gebäude geplant. Die Flure wären deutlich verkleinert worden, um mehr vermietbare Quadratmeter zu erhalten. Dadurch wäre der historische Charakter weitgehend verloren gegangen. Die Bauherren bestanden stattdessen auf einen filigranen Glaskörper, der sich nun über den ehemaligen Gefängnishof spannt und die Lobby, das Restaurant und die Bar beherbergt.
Die hinzugezogenen Innenarchitekten von Knoblauch-Design planten die Zimmer komplett in das heutige Design um. Die Fertigstellung und Bauleitung wurde dann von der Firma Trend Concept aus Offenburg übernommen und mit viel Herzblut bis zum Ende durchgeführt.
Seit Oktober 2017 werden nun Gäste aus aller Welt in einem stilvollen Design-Hotel beherbergt. Was für eine wunderbare Bestimmung für ein Gefängnis, das die Offenburger früher schon liebevoll „Grabenhotel“ nannten.
Was Ihnen Liberty bietet
KONTAKT
Hotel Liberty
Grabenallee 8, 77652 Offenburg
Tel.: +49 781 / 289 530 00
E-Mail: info@hotel-liberty.de
Internet: www.hotel-liberty.de
Öffnungszeiten
Restaurant:
Lunch: Mo-Fr von 12:00 - 14:00 Uhr
Dinner: täglich von
17:30 - 22:00 Uhr (Oktober - März)
18:00 - 22:00 Uhr (April - September)
Frühstück:
täglich von 6:30 - 11:00 Uhr, am Wochenende 7:30 - 14:00 Uhr
StrafBar:
Mittwoch - Samstag von 18:00 - 01:00 Uhr
Check-In: 15:00 Uhr / Check-Out: 11:00 Uhr
Anfahrt
Kaum ein Innenstadt-Hotel ist einfacher zu finden als das LIBERTY im badischen Offenburg.
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